Brief vom 5. Oktober 1763, von Sulzer, J. G. an Zellweger, L.

Ort: Berlin
Datum: 5. Oktober 1763

à Berlin ce 10 de May.

Mon très cher et très respectable Ami.

Quoique depuis le moment que j'ai eu le bonheur de vous voir, mon coeur se soit toujours occupé de Vous, je n'ai point trouvé le moment de tranquillité qu'il me falloit pour vous écrire. J'ai été occupé depuis mon retour à observer les arrangemens du grand homme qui a si glorieusement soutenû et fini une guerre commencée pour l'opprimer. Il a fait de très grandes choses depuis son retour, mais le grand nombre de ses sujèts ne le reconnoit pas. Chacun croit que les affaires devroient se regler sur ses petites vuës et il n'y a presque personne qui voulût avoir égard à la totalité des affaires. Je suis presque degouté de vivre parmi une Nation aussi ingrate et aussi bornée dans ces vuës. Les uns veulent un Roy dissipateur, les autres souhaitent qu'il les autorise à fouler le pauvre paisan, d'autres voudroient qu'il ne fit rien sans les consulter etc. etc. Un observateur philosophe comme Vous, trouveroit ici abondance de matière, mais ses observations ne feroient point d'honneur au genre humain. Pour moi je commence à me detacher de ce monde et à m'amuser chez moi, parceque je crois que ce seroit une peine perdue de vouloir travailler à rendre la vue à des gens qui n'ont plus le nerf Optique. Le souvenir de mes dignes amis que j'ai eu le bonheur de voir dans ma patrie, me console des vilainies que je vois ici, et rien ne me fait tant de plaisir, que la reminiscence de ces trois ou quatre heures que j'ai passé avec vous. Parmi le nombre infini des differens tableaux que mon imagination me peint, celui de Troguen et le plus vif et le mieux colorié et la figure principale qui l'orne et qui lui donne la veritable vie, c'est Philocles observant le dejeuné de ses Amis. O mon cher Ami, pourquoi ces belles scènes de la vie passent elles si rapidement! Pourquoi sont elles si rares! Ce que j'ai vû dans ma patrie et ce que je vois ici depuis mon retour, excite de plus en plus l'envie de repeter le voyage que je viens de faire. J'ai beau chercher ici, je ne trouverai jamais ni les Bodmers ni ses Amis et je sens malheureusement que plus on avance dans l'âge plus ce bonheur devient necessaire. Les jeunes Amis avec lesquels j'ai fait le voyage viennent de me quitter ce qui augmente encore le vuide que je sens autour de moi. Adieu mon très cher et très respectale ami. Je suis de tout mon coeur à Vous.

JGSulzer.

Überlieferung

H: KbAA, Fa Zellweger: 31/B: SulJG: 1755.05.10.

Anschrift

a Monsieur| Monsieur le Docteur Zellweguer| à Troguen.

Übersetzung

Mein liebster und ehrenhaftester Freund. Obwohl mein Herz seitdem ich das Glück hatte, Sie zu sehen, stets mit Ihnen beschäftigt ist, habe ich keinen ruhigen Moment gehabt, um an Sie zu schreiben. Seit meiner Rückkehr war ich damit beschäftigt, die Anordnungen des großen Mannes zu beobachten, der so ruhmvoll einen Krieg ertragen und beendet hat, der ihn am Anfang unterdrücken sollte. Er hat seit seiner Ankunft sehr Großes getan, doch die meisten unter seinen Untertanen erkennen es nicht. Jeder denkt, dass die Angelegenheiten sich nach seinen kleinen Ansichten erledigen sollten und es gibt kaum jemanden, der die Gesamtheit der Angelegenheiten berücksichtigte. Ich bin fast angewidert, unter einer so undankbaren und in ihren Ansichten so beschränkten Nation zu leben. Die einen möchten einen verschwenderischen König, die anderen wünschen, dass er ihnen erlaube den armen Bauer mit Füßen zu treten, noch andere möchten, dass er nichts ohne Rücksprache mit ihnen tue, usw. usf. Ein philosophischer Beobachter wie Sie fände hier einen Überfluss an Gegenständen, aber seine Beobachtungen würde dem Menschengeschlecht keine Ehre machen. Was mich betrifft, so fange ich an, mich von dieser Welt zu lösen und bei mir selbst vergnügt zu sein, denn ich meine, dass man umsonst daran arbeiten wolle, Menschen das Sehvermögen wiederzugeben, die den optischen Nerv nicht mehr haben. Die Erinnerung an meine würdigen Freunde, die ich das Glück hatte in meinem Vaterland zu sehen, tröstet mich über die Niederträchtigkeiten die ich hier sehe, und nichts gibt mir mehr Freude, als die Wiedererinnerung dieser drei oder vier Stunden, die ich mit Ihnen verbracht habe. Unter den zahllosen unterschiedlichen Bildern, die mir meine Einbildungskraft malt, ist das von Trogen das lebhafteste und am besten kolorierte, und die Hauptfigur, die das Bild ziert und ihm die wahre Lebhaftigkeit gibt, ist Philokles, wenn er das Mittagessen seiner Freunde betrachtet. O mein lieber Freund, warum vergehen diese schönen Szenen des Lebens so schnell! Warum sind sie so selten! Was ich in meinem Vaterland gesehen habe und was ich seit meiner Rückkehr hier sehe, steigert immer mehr die Lust, die eben gemachte Reise zu wiederholen. Auch wenn ich hier suche, werde ich weder die Bodmer noch seine Freunde jemals finden und leider empfinde ich wie dieses Glück immer notwendiger wird, je weiter man im Alter schreitet. Die jungen Freunde, mit denen ich gereist bin, haben mich gerade verlassen, was die Leere die ich um mich empfinde noch vergrößert. Adieu, mein liebster und ehrenhaftester Freund. Ich bin von ganzem Herzen Ihrer.| JGSulzer.

Stellenkommentar

Les jeunes Amis
Sulzer reiste im März 1763 zusammen mit Johann Heinrich Füssli, Johann Caspar Lavater und Felix Hess nach Berlin. Die Freunde reisten anschließend zum Pfarrer und populären theologischen Schriftsteller Johann Joachim Spalding nach Barth weiter, wo sie die folgenden Monate als einen Bildungsaufenthalt verbrachten.

Bearbeitung

Transkription: Baptiste Baumann
Kommentar: Baptiste Baumann