Brief 25. März [Jahr unbekannt], von Sulzer, J. G. an Kirnberger, J. P.

Ort: ohne Ort
Datum: 25. März [Jahr unbekannt]

Hierbey übersende eine Tabelle in welcher ich die Intervalle, welche ihre Temperatur in allen Toenen giebt ausgesetzt und mit den Intervallen der reinen diatonischen Leiter verglichen habe. Ich habe mich hier und da in den Zeichen verschrieben; aber dieses läßt sich leicht berichtigen.

Daraus sehe ich, daß ihre Temperatur nur selten die Intervalle mehr als ein comma zu hoch oder zu tieff giebt: daher ich dieselbe für vorzüglich gut halte. Auf einem andern beygelegten Bogen habe ich einige die Wahl der Tonarten und der Töne betreffenden fragen ausgeführt und stelle dabey anheim, wie weit sie es für gut halten, sich in Beantwortung oder Untersuchung derselben einzulaßen.

JGSulzer den 25 März

Überlieferung

H: Staatsbibliothek zu Berlin, Sammlung Darmstaedter.

Datierung

Das Schreiben ist im Umfeld der intensiven musiktheoretischen Arbeiten zu Sulzers Lexikon Allgemeine Theorie der Schönen Künste entstanden. Diese Arbeiten fallen bereits in das Jahr 1756, wie ein Brief an Johann Jakob Bodmer vom 9. November 1756 zeigt: »Und wenn ich seit vielen Monaten nicht geschrieben habe, so ist die Musik daran Schuld, die einen beträchtlichen Theil meiner Arbeit zu dem Wörterbuch ausmacht, und die ich mit so viel mehr Fleis ausstudiren muß, je schlechter man bis dahin von ihr geschrieben hat. Dieses hat mir den Sommer über alle Zeit weggenommen, die mein Amt und die Häuffigen Zerstreüungen eines Ortes, wie Berlin ist, übrig gelaßen hat.« (SGS, 10/1, Brief). Vermutlich ist der Brief an Kirnberger später im Zuge der Publikation und endgültigen Drucklegung der Allgemeinen Theorie entstanden. Vgl. zu Sulzers musiktheoretischen Arbeiten: Gerhard Bedeutung von Sulzers »Allgemeiner Theorie der Schönen Künste« für die Musikästhetik des ausgehenden 18. Jahrhunderts 1996.

Einschluss und mit gleicher Sendung

Handschriftliche Tabelle mit Noten (nicht überliefert).

Vermerke und Zusätze

Vermerk einer zweiten Schreiberhand: »J.G. Sulzer an Kirnberger aus Formeis Nachlaß. Göttingen 1818.« – Vermerk einer dritten Schreiberhand: »Lag ein in Zelters Exemplar der Sulzerschen Theorie der schönen Künste p1148 (Temperatur)«

Stellenkommentar

ihre Temperatur
Der Komponist und Musiktheoretiker Johann Philipp Kirnberger beschäftigte sich mit Stimmungssystemen für Tasteninstrumente. Seit wann Sulzer Kirnberger, der seit 1758 Kompositionslehrer von Anna Amalie von Preußen, die auch mit Sulzer bekannt war, kannte, konnte nicht ermittelt werden. Vermutlich datiert die Bekanntschaft in die 1750er Jahre.
sie es für gut halten
Kirnberger arbeitete an Sulzers Allgemeiner Theorie der Schönen Künste mit und lieferte mehrere Artikel (einige Quelle sprechen von 112) zum Themenfeld Musik. Vgl. die Artikel »Monochord«, »Quinte«, »Cammermusik«, »Melodie«, die vermutlich von Kirnberger stammen bzw. in denen Sulzer Bezug auf Kirnberger nimmt. 1771, im selben Jahr wie der erste Teil von Sulzers Allgemeiner Theorie, erschien Kirnbergers Die Kunst des reinen Satzes in der Musik.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann
Kommentar: Jana Kittelmann
Status: In Bearbeitung